Wie alles begann

 

 

Anni hatte eine ganz normale Kindheit, ging in den Kindergarten, später zur Schule. Sie hatte die üblichen Kinderkrankheiten, vielleicht mal eine Erkältung. Ansonsten war Sie gesund und zeigte keine weiteren Auffälligkeiten. Im Dezember 2009 klagte sie dann über Unwohlsein, fühlte sich schlapp und wollte nur liegen und schlafen. Ab und zu hat Sie sich auch übergeben. Wir gingen mit Ihr zum Kinder und Jugendarzt. Seine Diagnose liegt mir immernoch in den Ohren, sinngemäß; ja vielleicht ein Infekt oder die Pubertät, viel Ruhe und Vitamine dann geht das schon wieder. Das ging eine Woche so, aber es wurde nicht besser. Eines Abends erbrach Sie sich wieder, war sehr schwach,lag auf der Couch und wollte sich entspannen. Es ging Ihr ziemlich schlecht. Ich sagte zu Ihr, komm Anni ins Bett dann kannst du schlafen. Auf der Treppe nach oben in Ihr Zimmer hockte Sie sich hin und sagte " Oh Papa warte mal". Sie guckte schräg nach oben, die Augen weit geöffnet. Ihre Augen wirkten wie eingefroren. Nach ein paar Sekunden war das aber wieder vorbei und Sie konnte schlafen gehen. Danach war mir klar, da stimmt was nicht, das ist nicht nur ein Infekt oder sonst irgendwas. An einen Hirntumor dachten wir aber noch nicht.

 

Am nächsten Morgen fuhr meine Frau mit Ihr ins Klinikum Berlin Buch. Dort stellte ein Augenarzt Druck hinter den Augen fest und es wurde ein MRT gemacht. Daraufhin bekamen wir die schreckliche Diagnose HIRNTUMOR. Und mit einem Mal bricht eine heile Welt zusammen und das Martyrium beginnt. Anni kam sofort auf die Intensivstation und Sie bekam Cortison gegen den Hirndruck. Uns wurde erklärt, den Bildern zu Folge handele es sich um einen bösartigen Tumor, welcher jetzt die Größe erreicht hat, zu verhindern, daß das Hirnwasser ungehindert ins Rückenmark abfliessen kann. Dadurch kam es zum Hirndruck. Die zweite Hiobsbotschaft war, dass auch die Lage des Tumors sehr sehr ungünstig ist, denn er befand sich genau am Hirnstamm und Thalamus, also fast genau in der Mitte Ihres Kopfes und sei schon sehr groß.

 

Unser Kind hatte also einen großen bösartigen Hirntumor an einer noch dazu sehr "ungünstigen" Stelle. Wir konnten es natürlich nicht begreifen. Wieso unser Kind, das kann doch nicht sein. Anni selbst ging es auf der Intensivstation zusehens besser, das Cortison minderte den Hirndruck und man bekam fast den Eindruck, man jetzt ist ja wieder alles gut. Es folgten viele Gespräche mit  Ärzten. Als erstes sollte eine Biopsie gemacht werden, damit man wisse um welchen Tumor es sich handelt und gleichzeitig sollte eine Drainage zur Druckentlastung und kurz darauf ein sogenannter Shunt gelegt werden. Dies wurde dann auch gemacht. Nach diesem ersten Eingriff erlebten wir unseren ersten Schock. Unser Kind kam aus dem OP zurück auf die Intensivstation. Eine riesige Narbe über der Stirn im Haaransatz, in ganzer Breite des Kopfes, getackert mit dicken Metallklammern und an einer Stelle ragte ein Schlauch heraus. Aber: unser Kind lächelte winkte und begrüßte uns mit "Hallo Mama, Hallo Papa". Wir waren fix und fertig aber unsere Anni war so stark. Von Anfang an wollten wir Ihr nichts verheimlichen und sie wusste was los ist und was sie hat und doch war SIe es immer, die uns immer wieder aufgebaut hat.

 

Wir erhielten auch das Ergebnis der Biopsie. Uns wurde gesagt, bei dem Tumor handelt es sich um ein Medulloblastom/pNET. Ein sehr bösartiger Tumor mit sehr geringen Überlebenschancen, aber es wird noch auf den Referenzbericht aus Bonn gewartet, wo die Tumorprobe gegengeprüft wird. Auch dieser Bericht kam und zwar mit dem niederschmetternden Ergebnis " kein pNET sondern Glioblastom". Ich erinnere mich hier noch an eine Visite der Oberärzte. Ich fragte was wir denn nun machen und eine Ärztin schüttelte nur den Kopf und meinte "Ach das sieht oll aus". Zu dieser Zeit fing ich an, mich intensiv im Internet mit diesem Thema zu befassen. Die Neurochirurgen und Kinderonkologen waren der Meinung nicht zu operieren, da wie gesagt der Tumor sehr ungünstig liegt. Sie rieten zur Chemo- und Strahlentherapie.

 

Anni erholte sich erstaunlich schnell und wir feierten Ihren 14. Gburtstag am 21.12.2009 auf der Intensivstation. Zwischen Weihnachten und Silvester wurden wir sogar nach Hause entlassen. Mit Ihren langen Haaren kaschierte Anni Ihre Narbe über der Stirn. Wenn man nicht gewußt hätte, was in Ihrem Kopf ist, wäre man nicht darauf gekommen, daß sie krank ist. Ich las weiter viel im Internet um soviele Informationen wie möglich einzuholen. Natürlich wussten wir, was Glioblastom bedeutet, umso mehr versuchte ich was zu finden was meinem Kind helfen kann.

Ich las also viel, telefonierte mit Ärzten in ganz Deutschland und fuhr zu Ärzten in Berlin. Letztendlich trafen wir auf Professor Vogel aus dem St. Getrauden Krankenhaus. Bei Ihm fühlten wir uns von Anfang an gut aufgehoben und er gab uns Hoffnung. Er erklärte uns seine Sichtweise, wie er versucht gegen Hirntumore zu kämpfen. Er hält das System, was in Deutschland immer nach "Schema F" abläuft für falsch. Ein Beispiel Bestrahlung: diese sollte immer ans Ende einer Therapie gesetzt werden, wenn überhaupt Bestrahlung. Denn was gerne nicht erwähnt wird ist, dass Bestrahlung bei 4 von 5 Menschen überhaupt nicht wirkt. Auch operiert er nicht nur seine Patienten, sondern betreut sie nach erfolgter Operation weiter. Die anschliessende Chemotherapie gestaltet er auch anders. Wo bei den meisten nach Temodal Schluß ist, hat er noch einige Medikamente parat die auch helfen, aber eben teilweise umstritten sind, wie Thalidomid, Weihrauch, Laif 600. Hierzu werde ich dann im nächsten Teil berichten.

 

Wir hatten nun unseren Neurochirurgen gefunden und ein gutes Gefühl. Der Operationstermin wurde auf den 26.01.2010 gelegt. Uns blieben also noch 4 Wochen bis zur Operation. Diese Zeit konnten wir intensiv mit Anni zu Hause geniessen. Dass das unsere 4 letzten gemeinsamen "normalen " Wochen waren, ahnten wir damals natürlich nicht.

 

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